Preliminary Report on the 2002 restoration season at ez Zantur
by Bernhard Kolb and Ueli Bellwald
VII. Ez Zantur IV: Restaurierungsarbeiten – Die Überdachung von Raum 1–3
„Piece de resistance“ der Projektierungs- und Ausführungsarbeiten 2002 war die Überdachung der Räume 1–3. Aufgrund der Projektrichtlinien wurde im Winter 2001/2002 vom Verfasser dieses Berichts ein erstes Konzept ausgearbeitet (Abb. 8).
Es sah vor, die Mauern der Räume 1–3 wie in A. beschrieben vom höchsten Punkt aus abgetreppt nach unten zu ergänzen. Auf die derart vorbereiteten Mauerkronen sollte ein Stahlskelett in Form eines einfachen Raumfachwerks aufgesetzt werden, das innen und aussen mit Verkleidungsplatten versehen worden wäre. Die Erfahrungen mit dem provisorischen Notdach im Winter 2001/2002 (dieses wurde trotz seines erheblichen Gewichts zweimal fast vollständig durch stürmische Winde zerstört) zeigten aber, dass ein solches Konzept statisch nicht ausreichend stabil auszuführen wäre und zudem mit den dafür notwendigen Verankerungen im Mauerwerk einen unzulässigen Eingriff in die Originalsubstanz nach sich ziehen würde. Für das im Frühjahr 2002 ausgearbeitete Ausführungsprojekt wurde deshalb ein total neues Konstruktionssystem entwickelt, das diesen Bedenken Rechnung trug. Es ersetzte das zuerst vorgesehene, verkleidete Stahl-Raumfachwerk durch ein Baukastensystem aus oben offenen, rundum mit Armierungsnetzen geschlossenen Stahlboxen aus Winkelprofilen, die mit Sandstemschutt gefüllt wurden. Damit konnte ein Baukastensystem entwickelt werden, das allein auf der Schwerkraft beruhte und keine Verankerungen im originalen Mauerwerk erforderter, machte (Abb. 9).
Das Baukastensystem ist sehr flexibel es kann laufend den neuesten Erfordernissen und Erkenntnissen der archäologischen Erforschung des Bauwerks angepasst werden. Mit seiner Flexibilität entspricht es auch vollständig den Anforderungen der Charta von Athen für die Ergänzung antiker Denkmäler, ist es doch mit einfachsten Methoden ohne jeden Nachteil für den originalen Bestand wieder demontierbar. Wichtig für die Ausführung war auch, dass dieses System einfach auszuführen ist und damit einen zügigen Arbeitsfortschritt und in der Folge davon vertretbare Kosten erlaubte. Für das eigentliche Schutzdach sah das Projekt vor, im vermuteten Abstand der ursprünglichen Deckenbalken H-Stahlträger auf die Mauerkronen aufzulegen und diese mit Profilblechen abzudecken. Stabilität gibt der gesamten Deckenkonstruktion das Gewicht des auf die Profilbleche aufgebrachten Estrichs aus Gussbeton. Als Dachbelag sollen schlussendlich die originalen Bodenplatten des ersten Obergeschosses mittels eines Kalkmörtelbetts auf dem Betonestrich verlegt werden. Für die Präsentation des Projekts bei allen beteiligten Stellen wurde eine Reihe von Virtual-Reality-Darstellungen ausgearbeitet (Abb. 10).
Nachdem das Ausführungsprojekt von allen beteiligten Stellen akzeptiert worden war, wurden unmittelbar nach Beginn der Kampagne erste Muster für die Stahlboxen hergestellt und ihre Wirkung an Ort und Stelle getestet. Aufgrund des gewonnenen, überzeugenden Eindrucks wurde vom Verfasser dieses Berichts eine Stückliste erstellt und das gesamte, für die Ausführung notwendige Material in einer Stahlbaufirma in Amman in Auftrag gegeben. In der Zwischenzeit wurden die Mauerkronen in der bereits beschriebenen Weise vorbereitet. Am 12. September trafen die fertigen Stahlbauelemente per Sattelschlepper im nahe von Petra gelegenen Beduinendorf Umm Sayhun ein und wurden von dort mit kleinen Lastwagen auf den Grabungsplatz transportiert. Während des Wandaufbaus mittels der Stahlboxen konnte B. Kolb nachweisen, dass Raum 1 ursprünglich von einem Tonnengewölbe aus Stuck überdeckt war. Um die eindrücklichen Reste dieser Dekoration sinnentsprechend im Raum selber präsentieren zu können, mussten die Wände um eine Reihe von Norm-Stahlboxen erhöht werden. Diese Projektanpassung und die rasche Lieferung der Zusatzelemente durch die Stahlbaufirma zeigten deutlich die Vorzüge des entwickelten Baukastensystems auf. Am 21./22. September 2002 konnte sich eine Delegation der SLSA an Ort und Stelle ein eigenes Bild vom Restaurierungsprojekt und dem bereits erreichten Arbeitsfortschritt machen.
Augrund eingehender Diskussionen mit B. Kolb entwickelte der Verfasser dieses Berichts schliesslich im Herbst 2002, nachdem das Grabungsteam bereits wieder in die Schweiz zurückgekehrt war, eine Entwurfsserie für die Türen, mit welchen die Räume 1–3 abgeschlossen werden sollen. Aufgrund von Vorbildern aus dem ersten vor- und nachchristlichen Jahrhundert, insbesondere aus Pompeji, konnte eine allseits befriedigende Lösung gefunden werden (Abb. 12). Technisch gesehen werden diese Türen genau gleich funktionieren wie die antiken Originale der Villa, nämlich mit Scharnieren bestehend aus Dornen, die sich in Pfannen drehen, welche in die Stürze und Schwellen eingelassen sind. Wie ihre antiken Vorbilder weisen die Türen auch keine Rahmen auf, sondern sind unmittelbar in die Falze der Gewände eingepasst.
Bis zum 20. Dezember 2002 konnten alle Mauern rund um die Räume 1–3 vollständig mit den Stahlboxen auf Höhe der Deckenunterkante aufgeführt werden. Zur Sicherung wurde die Oberfläche der obersten Boxenreihe mit einem Zementmörtelestrich verfestigt. Wie sich der zu überdeckende Bereich im Vergleich zur Computersimulation präsentiert, ist aus Abb. 12 zu ersehen. Für den Winter wurden schliesslich die Räume 1–3 mit den Profilblechen provisorisch abgedeckt. Im Frühling 2003 wird dann zum Abschluss die eigentliche Deckenkonstruktion ausgeführt. Einen Eindruck vom endgültigen Zustand der Überdachung von Raum 1–3 soll zum Abschluss dieses Berichts die Computersimulation Abb. 13 geben.